Unser Wald im Klimawandel

Eine Exkursion in die Landeswald-Oberförsterei Reiersdorf am 26.04.2019 Der Arbeitskreis Naturschutz der Landesvertretung MV Forst und Naturschutz der IG BAU hatte sich nach Hitzesommer 2018, der Trockenheit und immer häufigeren Wetterkapriolen u.a. den „Wald im Klimawandel“ zum Thema des Jahres gemacht.

04.06.19 –

Eine Exkursion in die Landeswald-Oberförsterei Reiersdorf am 26.04.2019

 

Der Arbeitskreis Naturschutz der Landesvertretung MV Forst und Naturschutz der IG BAU hatte sich nach Hitzesommer 2018, der Trockenheit und immer häufigeren Wetterkapriolen u.a. den „Wald im Klimawandel“ zum Thema des Jahres gemacht.

Auf der Suche nach Wäldern der Zukunft, nach Baumartenmischungen der Zukunft, nach gesunden stabilen Wäldern kamen wir an der Landeswaldoberförsterei Reiersdorf nicht vorbei, ist diese doch auf der Grünen Woche in Berlin für ihre naturnahe zukunftsweisende Waldwirtschaft vom NABU ausgezeichnet worden. Oberförster Dietrich Mehl und Revierförster Sebastian Greiser waren gerne bereit, uns ihre Reviere vorzustellen.

Wichtig war uns eine sinnvolle naturnahe Nutzung im Wirtschaftswald bei wirtschaftlichem, aber auch naturschutzfachlichem Denken. Die FSC- Zertifizierung wird hier jährlich kontrolliert ! Wir meinen, dass der Ruf nach Nutzungsverzicht deutlich leiser wäre, wenn besonders im Landeswald naturnäher gewirtschaftet werden würde.  Die Artenvielfalt ist natürlich im Urwald höher als im naturnahen Wirtschaftswald, so Oberförster Dietrich Mehl.

Dennoch ist es richtig, unsere heimischen Wälder sinnvoll zu nutzen. Hier gehen die Meinungen weit auseinander!

In Reiersdorf hat man die Holznutzung etwas reduziert. Man lässt dafür die Bäume älter werden, wirtschaftet immer unter Schirm, mit kluger Licht- Schatten Regulierung, ohne Kahlschläge, ohne Gift, mit Jagd, die Naturverjüngung ohne teuren Zaun möglich macht und vor allem heimischen Mischbaumarten eine Chance gibt. Zukünftige Habitat- und Sonderstrukturbäume werden schon bei der Durchforstung von Jungbeständen berücksichtigt und vielfach belassen.

Die alten Buchenbestände (viele fast 180 Jahre alt) sind reich an Überhältern,  Höhlenbäumen, stehendem und liegendem Totholz. Dennoch kommt prächtiger Jungwuchs auf. Die Brutvogeldichte ist hoch und besonders artenreich. Dies kann z.B. auch den Schädlingsbefall deutlich mindern. Naturwaldelemente, wie Altholzinseln, werden langfristig geplant und so im Wirtschaftswald integriert, daß man von für viele Tiere überlebenswichtigen Biotopverbund sprechen kann. Auch Waldaußen- und Innenrandgestaltung gehören dazu. Ohne teilweisen Nutzungsverzicht und einen erhöhten Aufwand bei der Bewirtschaftung sind naturnahe zukunftsfähige Wälder nicht zu erreichen, da ein Durchbrechen der Altersklassenstrukturen sonst nicht möglich ist. Eine Inwertsetzung und finanzieller Ausgleich für Naturschutzleistungen ist allerdings unabdingbar!  Energieholz- und Brennholznutzung dürfen nicht zu einer Ausräumung von Totholz und Habitatbäumen führen, so Oberförster Mehl. In den Kieferbeständen wird die Spätblühende Traubenkirsche weder bekämpft noch begiftet. Vielmehr wird sie als Schattenspender und zur „Erziehung“ von Zielbaumarten (i.W. Buche) genutzt. In seltenen Fällen  wird sie zum Teil gar wertgeastet. Ab etwa 4 Meter Höhe wird die Kirsche lichter und mit Hilfe von Eichelhäher, Eichhörnchen und Maus wandert u.a. die Buche ein. Der Förster lässt, wenn nötig, etwas nachpflanzen. Die Buche entwickelt sich prächtig und dunkelt die Kirsche später aus.

Staunen bei uns, was in Reiersdorf mit der 3 J-Methode möglich ist, die da heißt: Jeist, Jeduld, Jewehr.

Ein wichtiges Thema war der  Personalabbau, der aus Gewerkschaftssicht nicht zu tolerieren ist. Viele  Arbeiten können in zukunftsfähigen Wäldern ohne gut ausgebildetes Fachpersonal nicht ausgeführt werden!  Neben Naturschutzarbeiten und klugen Baumartenmischungen bleibt auch Wertastung, die hier bei ungewöhnlich vielen Baumarten durchgeführt wird,  auf der Strecke.  

Auch wenn die Reviere im Bereich des Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin liegen, sind es Nutzwälder. Die Bäume dürfen  älter werden, es wird immer mit Schirm und ohne Kahlschläge gearbeitet, keinerlei Gifte finden Verwendung.  Kleinflächigkeit und Altersklassenmischungen und so viel Naturverjüngung wie möglich, sorgen für Stabilität. Bekanntermaßen entwickeln von der Natur gepflanzte Gehölze ein deutlich besseres Wurzelsystem, sind also viel stabiler und nicht so anfällig gegen Trockenheit und Sturm. 

Mischbaumarten werden gefördert, eine gute Birke wird einer schlechten Kiefer o.a. vorgezogen. Die Industrie muss sich langfristig auch auf andere Baumarten umstellen, so Dietrich Mehl. Grobastige Bäume werden an passenden Stellen geschützt. Durch Astabbrüche, mit Hilfe von Pilzen, Insekten und Vögeln werden sie zu Specht- und vor allen zu Mulmhöhlenbäumen für Fledermaus, Eule, Eremit und Bilch.

Diese Wälder machen einfach Freude, bieten Lebensqualität für Tier und Mensch und sie sind bestens auf den Klimawandel vorbereitet.

Diese Wälder aus vorwiegend„heimischen Baumarten“ werden unserer Meinung nach eher mit der raschen Folge von Naturkatastrophen fertig als Altersklassenwälder und Monokulturen.

Wasserrückhalt ist im Wald allgemein angestrebt. In Reiersdorf sorgen viele renaturierte Moore trotz Trockenheit für stabile und vergleichsweise hohe Wasserstände. Die Beispiele zeigten, das aus verschiedenen Gründen trocken gehaltende Moore nicht zu verantworten sind.

Es ist zu befürchten, dass bei Fortführung der derzeitigen Personalpolitik vieler Bundesländer,damit oft einhergehender steigender Reviergröße und Reduzierung der Zahl an Waldarbeitern die genannten Ziele nur begrenzt realisierbar sind, herrschte mit Oberförster Dietrich Mehl, Einigkeit.

Dauerwaldartige Bewirtschaftung besonders an den Rändern (Brandschutz) und verstärkte Integration von Naturschutzzielen im Wirtschaftswald müssen die Zukunft sein. Mit unsachgemäßem Personalabbau werden wir unserem Wald, der für die Menschen und das Klima einen unschätzbaren Wert darstellt, nicht gerecht.

Der Klimawandel zeigt uns auch: ohne regionale Wirtschaftskreisläufe in Wald, Feld wie in allen Bereichen, ist der Klimawandel und das Artensterben und letztendlich unser Überleben nicht zu beherrschen.

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